Für Erstbesucher

Lesen Sie zunächst die einführenden Erläuterungen zum Aktienbarometer Schweiz!

Zizers, 07. November 2023

Max Lüscher-Marty

Vorbemerkung

Meine Einschätzungen verstehen sich als Beitrag zur Meinungsbildung – nicht mehr, aber hoffentlich auch nicht weniger. Finanzmärkte im Allgemeinen und Aktienmärkte im Besonderen verhalten sich zu oft wie ungezogene Kinder. Sie halten sich nicht gerne an Regeln, auch wenn diese zuweilen durchaus vernünftig erscheinen.

Ich halte mich im Folgenden an den Swiss Performance Index (SPI). Der SPI ist ein Total Return Index und umfasst alle (rund 215) an der SIX primär kotierten Aktien (ohne Investmentgesellschaften). Er zeigt die Entwicklung des Aktienmarkts Schweiz unter der Annahme, dass die geleisteten Bruttodividenden unmittelbar reinvestiert werden.

Eigentlich habe ich die nächste Aufdatierung erst für den 04./05. Dezember geplant. Ich nehme den ausserordentlich schlechten Oktober 2023 zum Anlass für eine vorzeitiges Update.

Viertschlechteste oktober-rendite in der Geschichte des SPI

Im Oktober hat der SPI satte (–)5,24% verloren. Das ist die viertschlechteste Oktoberrendite in der Geschichte des SPI. Schlechter performte der Oktober nur in den Jahren 2020 (–5,74%), 1989 (–5,86%) und 2008 (–9,33%).

Bis Ende Juli durfte man mit der SPI-Performance durchaus zufrieden sein. Mit 108.68 Punkten notierte der «Jahres-Index» recht deutlich über dem historischen Mittelwert (1988 bis 2022) von 106.96 Punkten. Und auch nach dem Taucher im August (–1,76%) und im September (–2,02%) notierte der SPI immer noch auf dem mittleren Wachstumspfad von 104.61 Punkten. Ende Oktober müssen wir, ziemlich ernüchtert, eine Jahresperformance (YTD) von –0,86% zur Kenntnis nehmen.

Eigentlich hätte der Oktober-Mittelwert von 1,13% keinen derartigen Einbruch erwarten lassen. Aber eben: Mittelwerte sagen nichts über die Streuung aus und diese ist in den Aktienmärkten bekanntermassen breit, im Monat Oktober sogar überdurchschnittlich breit. Aus dem Tiefstwert im Jahr 2008 (–9,33%) und dem Höchstwert im Jahr 1998 (12,21%) rechnet sich eine Breite von hohen 21,54%. Leicht höhere Breiten ergeben sich nur für den Juli (22,20%) und den August (22,70%).

Mit Blick auf die «Jahres-Schlussabrechnung» lassen die historischen Werte für den November und den Dezember ein wenig Hoffnung aufkommen. Die Mittelwerte (1,32% bzw. 1,30%) und die Breite (13,66% bzw. 16,46%) sind durchaus passabel.

Aktienmarkt Schweiz legt bei der Volatilität noch einen Zacken zu ...

Das bisherige Aktienjahr 2023 ist geprägt von einer eigentlichen Berg- und Talfahrt. Die «Ups and Downs» auf Basis von Tageshöchst- und Tagestiefstkursen machen dies deutlich: +7,01% (31.12. bis 17.01.), –7,35% (17.01. bis 15.03), +12,47% (15.03. bis 15.06.), –6,25% (15.06. bis 10.07.), +4,73% (10.07. bis 27.07.), –10,55% (27.07.  bis 23.10.), +3,29% (23.10. bis 03.11.).

Mit 13'451.76 Punkten markierte der SPI am Montag, 23. Oktober 2023, sein (bisheriges) Jahrestiefst. Auf diesem Niveau rechnete sich eine Jahresperforformance (YTD) von –2,06%. Am Freitag, 03. November, nach einer Erholung um 3,29%, ergab sich wieder ein kleines Zwischenjahresplus (YTD) von 1,16%.

aktienbarometer Schweiz per 03.11.2023: Die lange Sicht

Am Freitag, 03. November 2023, schloss der SPI mit 13'894.72 Punkten. Das sind 1'081.28 Punkte bzw. (–)7,22% unter dem «neutralen» Wert (Mittelwert) meines Trendkanals von aktuell 14'976.00 SPI-Punkten. Der Erwartungswert (Mittelwert) meines Trendkanals per Ende Jahr (31.12.2023) beträgt 15'148.64 SPI-Punkte.

Das unmittelbare Erholungspotential, hin zum «neutralen» Wert (Mittelwert), rechnet sich mit 7,78%. Der Erwartungswert (Mittelwert) meines Trendkanals per Jahresende (31.12.2023) von 15'148.65 SPI-Punkten «verheisst» bis Ende Jahr ein Plus von 9,02% (!?). Unmöglich ist das nicht, aber wohl eher unwahrscheinlich.  

    Gemessen am Trendkanal-Konzept, ist der CH-Aktienmarkt recht «attraktiv» bewertet. Auf diesem Niveau dürfen langfristig orientierte Anleger recht «gelassen» in die Zukunft blicken. Trotzdem: Wie Figura zeigt, braucht es auch auf diesem Niveau zuweilen gute Nerven.

    aKTIENBAROMETER sCHWEIZ PER 03.11.2023: Die mittlere Sicht

    Aufgrund der Gewinnschätzungen für die kommenden 12 Monate rechnet sich per 03.11.2023 ein Markt-P/E (Markt-KGV) von 16.92. Entsprechend wird am CH-Aktienmarkt im Schnitt rund 17-mal der erwartete Gewinn bezahlt. Gemessen am mittleren P/E (KGV) von rund 16.0, ist der CH-Aktienmarkt rund 5,75% «zu teuer». Das Korrekturpotenziel, hin zu einem mittleren KGV von 16.0, beträgt gut 5% (–5,44%). 

      Unterstellt man ein nachhaltiges Markt-P/E (Markt-KGV) für den Aktienmarkt Schweiz von 16.0, ergibt sich per 03.11.2023 ein «fairer» Indexstand für den SPI von 13'141.47 Punkten. Basierend auf einer Standardabweichung von 3.2 P/E-Punkten, rechnet sich für den SPI mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 68% eine Bandbreite von 10'513.17 bis 15'799.34 Punkten.

        aKTIENBAROMETER sCHWEIZ PER 03.11.2023: dIE KURZE sICHT

        Gleitende Durchschnitte (Moving Average, MAV) sind die vielseitigsten und am häufigsten benutzten technischen Indikatoren. Sie zeigen, ob ein Trend noch intakt ist oder ob ein alter durch einen neuen Trend abgelöst wird. Oft werden Kreuzpunkte der 20-, 50- oder 200-Tage-Linien als Kauf- bzw. Verkaufssignale genutzt.

        Wie das folgende Diagramm zeigt, hat am 29. September 2023 die 50-Tage-Linie die 200-Tage-Linie von oben nach unten «durchstossen». Man spricht von einem «Todeskreuz» (death cross). Aktuell notiert die 50-Tage-Linie (–)2,34% tiefer als die 200-Tage-Linie. Ob die Talfahrt bereits zu Ende ist, lässt sich aktuell schwer abschätzen. Der Blick zurück hilft nicht wirklich weiter.

          Seit dem jüngsten Höchst vom 15.05.2023 (15'314.62) befindet sich der SPI im Abwärtstrend. Die wichtige Unterstützung von rund 14'050 SPI-Punkten hat nicht gehalten und auch die nächste Unterstützung von rund 13'750 Punkten ist zwischenzeitlich durchbrochen worden. Immerhin ist der SPI wieder in den Trendkanal zurückgekehrt. Plausible Aussagen darüber, ob die Reise bis zum Jahresschluss nach oben in Richtung 14'350 Punkte geht oder eher nach unten in Richtung 13'400 Punkte, sind zurzeit Mangelware. Das geo- und das geldpolitische Umfeld ist zurzeit schlichtweg unberechenbar.  

            Zusammenfassung

            Aus einer langen Optik (Trendkanal-Konzept) ist der Aktienmarkt Schweiz durchaus «attraktiv» bewertet. Wer wirklich langfristig denkt, kann über eine allfällige Fortsetzung des kurzfristigen Abwärtstrends hinwegsehen. 

            Aus einer mittleren Optik (KGV-Konzept) sind die Gewinnerwartungen für die kommenden 12 Monate und der aktuelle Stand des SPI wieder einigermassen im Lot. Mit rund (–)5% hält sich das Korrekturpotential im Rahmen.

            Kurzfristig halten sich positive und negative Signale die Waage. Auf welche Seite die Waage kippen wird, ist höchst ungewiss. Womöglich dürfte es sich lohnen, ein wenig Geld in die Absicherung mittels Put-Optionen oder Short-Mini-Futures zu investieren.

            An meiner eigenen «Strategie» (40% bis 45% CH-Aktien, 55% bis 60% Liquidität) halte ich nach wie vor fest, ebenso an der Favorisierung von Value-Titeln im Allgemeinen und starken Dividendentiteln im Besonderen.

            Zizers, 07. November 2023

            fiBonacci-Retracements kurz erklärt

            Fibonacci-Retracement-Levels werden in der Technischen Analyse verwendet, um Unterstützungs- und Widerstandspunkte zu orten. Grundidee ist die simple Feststellung, dass auf jeden Aufwärtstrend (Bullenmarkt) und jeden Abwärtstrend (Bärenmarkt) über kurz oder lang eine Gegenbewegung (Korrektur) folgt. Um das Ausmass dieser Gegenbewegungen abzuschätzen, greifen Techniker gerne auf die Fibonacci-Zahlenreihe zurück. Begründer dieser Zahlenreihe ist Leonardo Pisano (ca. 1170 bis ca. 1240), genannt Fibonacci, der wohl bedeutendste Mathematiker des Mittelalters.

            Die Fibonacci-Zahlenreihe beginnt wie folgt: 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, usw. Dabei gilt: 1+1=2, 1+2=3, 2+3=5, 3+5=8, 5+8=13, 8+13=21, 13+21=34, usw. Das Besondere an dieser Zahlenfolge ist, dass sie mit einem praktisch konstanten Faktor von 1.618 wächst (21÷13=1.615, 89÷55 =1.618, 144÷89=1.618, 233÷144=1.618, usw.). Auch die Division der kleineren durch die grössere Zahl ergibt einen praktisch konstanten Wert von 0.618 (55÷89= 0.618, 89÷144=0.618, usw.). Teilt man eine Fibonacci-Zahl durch die vorletzte (z.B. 144÷55), rechnet sich jeweils ein Wert von ziemlich genau 2.618. Der reziproke Wert davon ist 0.382 (z.B. 55÷144).

            Das Ausmass der Korrekturen nach einem Abwärtstrend (siehe das Diagramm mit den Fibonacci-Retracements) wird wie folgt bestimmt: L + (H – L) x Fibonacci-Verhältniszahl. H steht für das zwischenzeitliche Höchst und L für das zwischenzeitliche Tiefst. Oft verwendete Fibonacci-Verhältniszahlen sind 0.382, 0.500 (als Zwischenwert) und 0.618.

            Bestimmt man für den Swiss Performance Index (SPI) das jüngste Tiefst mit 12'979.41 und das letzte Höchst mit 15'314.62 Punkten, ergibt sich das Retracement-Level bei einer Verhältniszahl von 0.618 wie folgt: 15'314.62 – ((15'314.62 –12'797.41) x 0.618) = 13'758.98. Die Retracement-Levels bei einer Verhältniszahl von 0.500 bzw. 0.382 sind 14'056.02 bzw. 14'353.05.

            Das 50%-Niveau gilt als eines der wichtigsten Niveaus. Wird es durchbrochen, ist mit einer Fortsetzung des Auf- bzw. Abwärtstrends zu rechnen.

            Zizers, 07. November 2023

              Voraussichtlich nächstes Update: 03. April 2024