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Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist die Zentralbank der Schweiz. Sie verfügt über das Banknotenmonopol und hat den Auftrag, die Geld- und Währungspolitik des Landes zu führen. Verfassung und Gesetz schreiben vor, dass die SNB ihren Auftrag unabhängig erfüllt, sich mit dem Bundesrat regelmässig austauscht, gegenüber der Bundesversammlung Rechenschaft ablegt und die Öffentlichkeit laufend über ihre Tätigkeit informiert.
Seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise im Sommer/Herbst 2007 ist der starke Schweizerfranken regelmässig in den Schlagzeilen.
Dem Aufwertungsdruck begegnet die SNB mit massiven Devisenkäufen (USD, EUR, JPY, GBP, CAD, usw.). Zwischenzeitlich − vom 06.09.2011 bis zum 14.01.2015 − verteidigte die SNB zum Euro gar einen expliziten Mindestkurs von 1.20. Am 22.01.2015 hat die SNB ihren Leitzins ins Minus gedrückt. Seither belastet die SNB die Giroguthaben von Banken und anderen Finanzintermediären, die eine Freigrenze übersteigen, mit einem Nagativzins. Derzeit und bis auf weiteres gilt ein Negativzins von –0,75%.
Die SNB-Aktiven lassen sich unterteilen in die Währungsreserven (Devisenanlagen), die Goldforderungen und die übrigen Aktiven. Seit dem 31.12.1996 haben sich die drei Hauptpositionen wie folgt entwickelt:
Bis zum 31.12.2008 haben sich die Devisenanlagen (Währungsreserveren) der SNB kaum verändert. Am 31.12.1996 wurden sie mit CHF 49.3 Mia. ausgewiesen und am 31.12.2008 mit CHF 47.4 Mia. Gemessen an der Bilanzsumme war der Anteil sogar rückläufig (Ende 1996: 68,01%, Ende 2008: 22,01%). Am 31.12.2021 bilanzierte die SNB ihre Devisenanlagen mit CHF 966.2 Mia., dem gut zwanzigfachen vom 31.12.2008!
Das eklatante Wachstum des SNB-Devisenportfolios betrifft in erster Linie den US-Dollar (USD) und den Euro (EUR). Vom 31.12.2008 bis zum 31.12.2021 hat die SNB ihren US-Dollar-Bestand von USD 12.999 auf 396.878 aufgestockt! Im selben Zeitraum hat der Euro-Bestand von EUR 15.725 auf 355.926 zugelegt! Beim Währungspaar USD/CHF scheinen die SNB-Deviseninterventionen (Kauf von USD gegen CHF) die erhoffte Wirkung gebracht zu haben. Zumindest ist es so, dass USD/CHF Ende 2021 in etwa die Kaufkraftparität widerspiegeln. Beim Währungspaar EUR/CHF ist man von einer «fairen» Bewertung (EUR/CHF: 1.20) nach wie vor recht weit entfernt.
Am 31.12.2021 beliefen sich die USD-Anlagen (umgerechnet in Schweizerfranken) auf CHF 362.607 Mia. und die EUR-Anlagen auf CHF 368.946 Mia. Gemessen am gesamten Devisenbestand (CHF 966.202 Mia.) hatten die Anlagen in USD ein Gewicht von 37,53% und die Anlagen in EUR ein Gewicht von 37,53%.
Bei den übrigen Währungen dominieren der japanische Yen (JPY), das britische Pfund (BGP) und der Canada-Dollar (CAD).
Per 31.12.2021 hielt die SNB rund 77% ihrer Devisenanlagen in Form von Anleihen, davon rund 66% in Staats-Anleihen (CHF 637.7 Mia) und 11% in übrigen Anleihen (CHF 106.3 Mia). Rund 23% waren Aktienanlagen (CHF 222.2 Mia.).
Ende Dezember 2021 waren gut 40% (41,85%) der USD-Anlagen und rund 68% des Aktienportfolios in US-Aktien investiert. Die drei grössten US-Einzelpositionen waren Apple (USD 11.157 Mia.), Microsoft (USD 9.126 Mia.) und Amazon (USD 5.777 Mia.).
Die Hauptpositionen der SNB-Passiven (Giroguthaben der Inlandbanken, Notenumlauf, übrige Passiven) haben sich seit dem 31.12.1996 wie folgt entwickelt:
Kauft die SNB fremde Währungen (Devisen), erhöhen sich im Gegenzug die Giroguthaben der Banken. Die Giroguthaben der Inlandbanken und der Notenumlauf bilden zusammen die Notenbankgeldmenge.
Weitet die SNB die Notenbankgeldmenge aus, erhöht sich im Schweizer Bankensystem der Bestand an liquiden Mitteln. Die Fähigkeit der Banken (Geschäftsbanken), Kredite und andere Finanz- und Sachanlagen zu tiefe(re)n Zinsen zu finanzieren, nimmt zu. Dies stimuliert die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern und mithin die gesamtwirtschaftliche Produktion und die Beschäftigung. Höhere Einnahmen bei Unternehmen, Privaten Haushalten und beim Staat führen – alles in allem – zu höheren Liquiditätsbeständen im Nichtbankensektor.
Halten die Nichtbanken die Liquidität in Form von Bargeld und jederzeit verfügbaren Bankeinlagen (Sichteinlagen), sagt man, es handle sich um die Geldmenge M1. Addiert man zur Geldmenge M1 die kündbaren Bankeinlagen (Spar- und Anlagegelder), erhält man die Geldmenge M2. Die Geldmenge M3 umfasst schliesslich auch noch die während der Anlagedauer unkündbaren Bankeinlagen (Festgelder, Termingelder).
Wie das folgende Diagramm zeigt, hat das starke Wachstum der Notenbankgeldmenge auf die Geldmengenaggregate M1, M2 und M3 durchgeschlagen:
Wächst die Geldmenge stärker als die reale Wirtschaft, droht im Sinne der Geldtheorie Inflation:
In den Zeitabschnitten 1985 bis 1991, 1991 bis 1997, 1997 bis 2003 und 2003 bis 2009 entspricht die Teuerung (Inflation) in etwa der Differenz zwischen Geldmengenwachstum (M3) und realem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP-real). In den jüngsten beiden Zeitabschnitten (2009 bis 2015, 2015 bis 2021) scheint es diesen Zusammenhang nicht mehr zu geben. Das starke Geldmengenwachstum hatte keine Inflation zur Folge. Alles in allem haben sich die Konsumentenpreise kaum verändert. Stark angestiegen sind stattdessen die Vermögenspreise, insbesondere die Preise für Immobilien und Aktien.
Wer nach wie vor an die Geldtheorie glaubt, beobachtet das jüngste Auseinanderdriften von Geldmengen- und realem Wirtschaftswachstum mit Unbehagen. Der Stausee an überschüssiger Liquidität ist bis an den Rand gefüllt. Ein gelegentliches Überschwappen wäre wohl zu verkraften. Aber was, wenn die Staumauer einmal bricht? Negativzinsen sind zwar schlimm, ein Wiedererwachen in einer Welt mit anhaltend hohen Inflationsraten aber weit schlimmer.
Voraussichtlich nächstes Update: Mitte April 2023