Für Erstbesucher

Lesen Sie zunächst die einführenden Erläuterungen zum Aktienbarometer Schweiz!

Meine Einschätzungen verstehen sich als Beitrag zur Meinungsbildung – nicht mehr, aber hoffentlich auch nicht weniger. Finanzmärkte im Allgemeinen und Aktienmärkte im Besonderen verhalten sich zu oft wie ungezogene Kinder. Sie halten sich nicht gerne an Regeln, auch wenn diese zuweilen durchaus vernünftig erscheinen.

Ich halte mich im Folgenden konsequent an den Swiss Performance Index (SPI). Der SPI ist bekanntlich ein Total Return Index und umfasst alle an der SIX primär kotierten Aktien (ohne Investmentgesellschaften). Er zeigt die Entwicklung des Aktienmarktes Schweiz unter der Annahme, dass die Bruttodividenden unmittelbar reinvestiert werden.

aktienbarometer Schweiz per 22.05.2020: Die lange Sicht

Am Freitg, 22. Mai 2020, schloss der SPI mit 12'083.85 Punkten. Gemessen am «neutralen» Wert (Mittelwert) meines Trendkanals von aktuell 11'515.61 Punkten, entspricht dies einer moderaten «Überbewertung» von 4,93%. Das Korrekturpotential – hin zur Trendkanalmitte – rechnet sich mit –4,70%.

Mit einem Korrekturpotential von (–)4,70% signalisiert mein Trendkanal-Aktienbarometer «Normalität»:

    Zwischenergebnis: Aktuell notiert der Aktiemarkt Schweiz auf einem Niveau, das man in der langen Sicht als praktisch «fair» einstufen kann. Mit einem Anlagehorizont von fünf und mehr Jahren spricht für risikotolerante Investoren wenig gegen Aktien. Risikotoleranz bedeutet dabei die Fähigkeit, zwischenzeitliche Verluste von 30% bis 40% psychisch und wirtschaftlich (finanziell) zu verkraften!

    aKTIENBAROMETER sCHWEIZ PER 22.05.2020: Die mittlere Sicht

    Aufgrund der Gewinnschätzungen für die kommenden 12 Monate rechnet sich per 22.05.2020 ein Markt-P/E (Markt-KGV) von 20.15. Entsprechend wird am CH-Aktienmarkt im Schnitt gut 20-mal der erwartete Gewinn bezahlt. Gemessen am mittleren P/E (KGV) von rund 16.0 ist der CH-Aktienmarkt zurzeit (22.05.2020) gut 25% (+25,94%) «überbewertet». Das Korrekturpotential rechnet sich mit gut 20% (–20,60%)!

    Das aktuelle P/E von 20.15 ist zwei Effekten geschuldet. Zum einen hat der SPI seit dem Tief (Schlusskurs) vom 23. März um 20,95% zugelegt (von 9'990.66 auf 12'083.85). Zum andern haben die Analysten die Gewinnerwartungen um 14,77%, d.h. von 703.57 auf 599.63 auf SPI-Punkte, reduziert. Am 23. März rechnete sich noch ein Markt-P/E von 14.20!

      Unterstellt man ein nachhaltiges Markt-P/E (Markt-KGV) für den Aktienmarkt Schweiz von 16.0, ergibt sich per 22.05.2020 ein «fairer» Indexstand für den SPI von 9'594.02 Punkten. Basierend auf einer Standardabweichung von 3,20 P/E-Punkten rechnet sich für den SPI mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 68% eine Bandbreite von 7'675.22 bis 11'512.83 Punkten.

      Wie das folgende Diagramm zeigt, notiert(e) der SPI am 22. Mai jenseits der oberen Bandbreite. Das verheisst nichts wirklich Gutes!!!  

        Zwischenergebnis: Gemessen an den erwarteten Gewinnen für die kommenden 12 Monate, ist der Aktienmarkt Schweiz deutlich überbewertet. Es ist zu befürchten, dass die Aktienmarktteilnehmer weltweit zu grosse Hoffnungen in die Heilkräfte der notenbanklichen und staatlichen (Über)Versorgung mit Liquidität setzen. Die wirtschaftlichen Schäden von Corona und zu deren Abwehr sind heute kaum absehbar. Es kann gut sein, dass die Gewinnschätzungen der Analysten für die kommenden 12 Monate immer noch zu hoch sind.
          

        aKTIENBAROMETER sCHWEIZ PER 22.05.2020: dIE KURZE sICHT

        Auf der Basis von Tageshöchst- und Tagestiefstkursen ist der SPI vom 20. Februar 2020 bis zum 16. März 2020 um –31,17% eingebrochen. Bis zum 28. April 2020 hat sich der SPI wieder deutlich erholt (+31,34%). Obschon die prozentuale Erholung praktisch gleich hoch war wie der vorangegangene Einbruch, notiert das Tageshöchst vom 28.04. immer noch 9,59% unter dem Tageshöchst vom 20.02. Von «oben» nach «unten» gerechnet, ist eben nicht dasselbe wie von «unten» nach «oben»!

        Seit Ende April stockt die Erholung des SPI. Es macht den Anschein, als stosse der SPI bei rund 12'250 Punkten auf einen Widerstand. Dieser wird wohl erst brechen, wenn von der Corona-Front echt gute Nachrichten kommen. Bis Ende Juni rechne ich nicht damit. Das wird den Blick auf die nicht wirklich guten Fundamentaldaten lenken und wohl zu einer nochmaligen deutlichen Korrektur führen.

          Wie weit diese Korrektur gehen könnte, zeigt das folgende Diagramm. Nimmt man den Trendkanal als Indikator, könnte eine mögliche (absehbare?) Korrektur bei rund 10'500 SPI-Punkten enden. Richtet man das Augenmerk auf die Unterstützungslinien, fallen jene von 11'000 SPI-Punkten (kleine Korrektur), von 9'600 SPI-Punkten (mittlere Korrektur) und von 7'800 SPI-Punkten (starke Korrektur) ins Auge.

          Bemerkenswert ist, wie rasch sich die 20-Tage-Volatilität «normalisiert» hat, von sehr hohen 60,81% am 26. März auf moderate 19,63% am 22. Mai. Ob der jüngste Wert die inhärenten Unsicherheiten angemessen zum Ausdruck bringt, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.

            Ob tatsächlich eine erneute Korrektur ansteht, ist selbstverständlich ungewiss. Einen Hinweis liefert womöglich das 10-Tage-Momentum. Das 10-Tage-Momentum vergleicht den jeweils letzten Schlusskurs mit jenem vor zehn Tagen (Börsentagen). Aktuell dümpelt das 10-Tage-Momentum (hier auf prozentualer Basis) um die Null-Linie. In der Tendenz zeigt das 10-Tage-Mometum jedoch klar nach unten. 

              Zusammenfassung

              Die lange, mittlere und kurze Sicht zeigen nach wie vor kein einheitliches Bild. In der langen Sicht (Trendkanal-Konzept) scheint der Aktienmarkt Schweiz realistisch (fair) bewertet. Das stimmt grundsätzlich zuversichtlich. Anders die mittlere und die kurze Sicht: Die mittlere Sicht (P/E-Konzept) signalisiert ein Korrekturpotenzial (hin zu einer neutralen Bewertung) von rund 20%, d.h. in Richtung 9'600 SPI-Punkte. Sollte es von der Corona-Front keine definitive Entwarnung geben, halte ich eine Korrektur diesen Ausmasses gar für sehr wahrscheinlich.

              Absichern ist derzeit und bis auf weiteres das Gebot der Stunde, auch wenn dies im Falle einer raschen Erholung einiges an Performance kostet. Für Privatanlager sind Short-Mini-Futures angesagt. Aber auch Put-Optionen kommen – aufgrund der tieferen (impliziten) Volatilitäten – wieder infrage.

              Zizers, 25. Mai 2020

              Nächstes Update: unbestimmt