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Für Erstbesucher
Lesen Sie zunächst die einführenden Erläuterungen zum Aktienbarometer Schweiz!
Meine Einschätzungen verstehen sich als Beitrag zur Meinungsbildung – nicht mehr, aber hoffentlich auch nicht weniger. Finanzmärkte im Allgemeinen und Aktienmärkte im Besonderen verhalten sich zu oft wie ungezogene Kinder. Sie halten sich nicht gerne an Regeln, auch wenn diese zuweilen durchaus vernünftig erscheinen.
Ich halte mich im Folgenden konsequent an den Swiss Performance Index (SPI). Der SPI ist bekanntlich ein Total Return Index und umfasst alle (rund 215) an der SIX primär kotierten Aktien (ohne Investmentgesellschaften). Er zeigt die Entwicklung des Aktienmarktes Schweiz unter der Annahme, dass die Bruttodividenden unmittelbar reinvestiert werden.
Am Mittwoch, 21. Oktober 2020, schloss der SPI mit 12'494.65 Punkten. Gemessen am «neutralen» Wert (Mittelwert) meines Trendkanals von aktuell 11'885.96 Punkten, entspricht dies einer moderaten «Überbewertung» von 5,12%. Das Korrekturpotential – hin zur Trendkanalmitte – rechnet sich mit –4,87%.
Mit einem unmittelbaren Korrekturpotential von (–)4,87% signalisiert mein Trendkanal-Aktienbarometer «Normalität»:
Zwischenergebnis: Aktuell notiert der Aktiemarkt Schweiz auf einem Niveau, das man in der langen Sicht als praktisch «fair» einstufen kann. Mit einem Anlagehorizont von fünf und mehr Jahren spricht für risikotolerante Investoren wenig gegen Aktien. Risikotoleranz bedeutet dabei die Fähigkeit, zwischenzeitliche Verluste von 30% bis 40% psychisch und wirtschaftlich (finanziell) zu verkraften!
Aufgrund der Gewinnschätzungen für die kommenden 12 Monate rechnet sich per 21.10.2020 ein Markt-P/E (Markt-KGV) von 22.24. Entsprechend wird am CH-Aktienmarkt im Schnitt gut 22-mal der erwartete Gewinn bezahlt. Gemessen am mittleren P/E (KGV) von rund 16.0, ist der CH-Aktienmarkt zurzeit (21.10.2020) fast 40% (+39,00%) «überbewertet». Das Korrekturpotential rechnet sich mit rund 28% (–28,06%)!
Das aktuelle P/E von 22.24 ist zwei Effekten geschuldet. Zum einen hat der SPI seit dem Tief (Schlusskurs) vom 23. März um 25,06% zugelegt (von 9'990.66 auf 12'494.65). Zum andern haben die Analysten die Gewinnerwartungen um 20,09%, d.h. von 702.98 auf 561.78 auf SPI-Punkte, reduziert. Am 23. März 2020 rechnete sich noch ein Markt-P/E von 14.21!
Unterstellt man ein nachhaltiges Markt-P/E (Markt-KGV) für den Aktienmarkt Schweiz von 16.0, ergibt sich per 21.10.2020 ein «fairer» Indexstand für den SPI von 8'988.51 Punkten. Basierend auf einer Standardabweichung von 3,20 P/E-Punkten rechnet sich für den SPI mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 68% eine Bandbreite von 7'190.81 bis 10'786.21 Punkten.
Wie das folgende Diagramm zeigt, notiert(e) der SPI am 21. Oktober 2020 deutlich über der oberen Bandbreite. Das erinnert fatal an den Sommer/Herbst 1998. Damals brach der SPI vom 31. Juli bis zum 03. Oktober um 35,66% ein.
Zwischenergebnis: Gemessen an den erwarteten Gewinnen für die kommenden 12 Monate, ist der Aktienmarkt Schweiz stark überbewertet. Offenbar blicken die Marktteilnehmer weiter in die Zukunft und vertrauen darauf, dass die Unternehmensgewinne in zwei, drei Jahren das aktuelle Bewertungsniveau rechtfertigen. Diese Rechnung kann aufgehen, oder auch nicht. Die mittelfristigen Schäden von Corona und deren Abwehr sind heute kaum absehbar. Die Notenbanken dürften ihr Pulver verschossen haben und weitere staatliche Hilfsprogramme sind — eher früher als später — nicht mehr finanzierbar.
Auf der Basis von Tageshöchst- und Tagestiefstkursen ist der SPI vom 20. Februar 2020 bis zum 16. März 2020 um –31,17% eingebrochen. Bis zum 18. September 2020 hat sich der SPI wieder deutlich erholt (+40,61%). Obschon die prozentuale Erholung deutlich höher war als der vorangegangene Einbruch, notiert das Tageshöchst vom 18. September immer noch 3,22% unter dem Tageshöchst vom 20. Februar. Von «oben» nach «unten» gerechnet, ist eben nicht dasselbe wie von «unten» nach «oben»!
Seit Mitte Juli 2020 ist der SPI mehrmals am Widerstand bei gut 13'000 SPI-Punkten gescheitert. Wer jetzt noch «bullish» ist, geht eine sehr hohe Wette ein. Angezeigt ist vielmehr eine Orientierung an der Unterstützungslinien von 12'500, 12'000 und 11'500 Punkten. Ob diese halten werden, ist höchst ungewiss.
Wie weit eine Korrektur gehen könnte, zeigt das folgende Diagramm. Nimmt man den Trendkanal der letzten fünf, sechs Jahre als Indikator, könnte eine mögliche (absehbare?) Korrektur bei rund 10'500 SPI-Punkten enden. Richtet man das Augenmerk auf die Unterstützungslinien, fallen jene von 11'000 SPI-Punkten (kleine Korrektur), von 9'600 SPI-Punkten (mittlere Korrektur) und von 7'800 SPI-Punkten (starke Korrektur) ins Auge.
Mit 13,10% notiert(e) die 20-Tage-Volatilität am 21. Oktober 2020 im «roten» Bereich. Tiefe Volatilitäten deuten bekanntlich auf eine gewisse Sorglosigkeit der Marktteilnehmer hin. Aber Sorglosigkeit ist an den Aktienbörsen eher die Regel als die Ausnahme. Der Krug geht bekanntlich zum Brunnen bis er bricht ...
Ob tatsächlich eine erneute Korrektur ansteht, ist selbstverständlich ungewiss. Sollte der SPI die 200-Tage-Durchschnittslinie (blaue Linie im nachstehenden Bollinger-Chart) demnächst durchbrechen, wäre dies ein sehr ernstzunehmendes Warnsignal.
Die lange, mittlere und kurze Sicht zeigen nach wie vor kein einheitliches Bild. In der langen Sicht (Trendkanal-Konzept) scheint der Aktienmarkt Schweiz realistisch (fair) bewertet. Das stimmt grundsätzlich zuversichtlich. Anders die mittlere und die kurze Sicht: Die mittlere Sicht (P/E-Konzept) signalisiert ein ausgesprochen hohes Korrekturpotenzial. Die kurze Sicht (Charttechnik) scheint dies zu bestätigen.
Ein wenig in die Absicherung (Put-Kauf, Short-Mini-Futures) zu investieren und/oder einen Teil des Aktienportfolios vorübergehend zu versilbern, ist womöglich nicht wirklich dumm.
Zizers, 21. Oktober 2020
Nächstes Update: Mitte Februar 2021