Für Erstbesucher

Lesen Sie zunächst die einführenden Erläuterungen zum Aktienbarometer Schweiz!

Meine Einschätzungen verstehen sich als Beitrag zur Meinungsbildung – nicht mehr, aber hoffentlich auch nicht weniger. Finanzmärkte im Allgemeinen und Aktienmärkte im Besonderen verhalten sich zu oft wie ungezogene Kinder. Sie halten sich nicht gerne an Regeln, auch wenn diese zuweilen durchaus vernünftig erscheinen.

Ich halte mich im Folgenden konsequent an den Swiss Performance Index (SPI). Der SPI ist bekanntlich ein Total Return Index und umfasst alle (rund 215) an der SIX primär kotierten Aktien (ohne Investmentgesellschaften). Er zeigt die Entwicklung des Aktienmarktes Schweiz unter der Annahme, dass die geleisteten Bruttodividenden unmittelbar reinvestiert werden.

aktienbarometer Schweiz per 15.10.2021: Die lange Sicht

Am Freitag, 15. Oktober 2021, schloss der SPI mit 15'436.66 Punkten. Gemessen am «neutralen» Wert (Mittelwert) meines Trendkanals von aktuell 12'806.15, entspricht dies einer «Überbewertung» von 20,54%. Das unmittelbare Korrekturpotenzial – hin zur Trendkanalmitte – rechnet sich mit (–)17,04%.

Der Erwartungswert per Ende Jahr (31.12.2021) beträgt 13'016.15 Punkte.  Ausgehend von der aktuellen Notierung (15'436.66) entspräche dies einem Verlust von (–)15,68%. Die Wahrscheinlichkeit (WS) einer Jahresschlussnotierung von mehr als 15'000 Punkten rechnet sich mit rund 20%. Eine WS von ebenfalls rund 20% hat eine Jahresschlussnotierung von weniger als 11'000 Punkten.

Der Erwartungswert per Ende 2026  das entspricht einem Anlagehorizont von rund 5.21 Jahren – beträgt gut 19'000 (19'005.58) Punkte. Ausgehend von der aktuellen Notierung (15'436.66), ergäbe sich so eine mittlere Jahresrendite (Total Return) von 4,07%.  

Mit einem unmittelbaren Korrekturpotenzial von (–)17,04% signalisiert mein Trendkanal-Aktienbarometer eine «starke Überbewertung». Eine Überbewertung dieses Ausmasses ergab sich letztmals Mitte April 2015. In den zehn Folge-Monaten – bis zum 11. Februar 2016 – verlor der SPI damals gut 17,50% (17,71%).

    Zwischenergebnis: Gleich wie vor gut drei Monaten markiert mein Trendkanal-Barometer eine starke – aber keine markante oder gar irrationale – Überbewertung. Mit einem Anlagehorizont von rund fünf Jahren dürfen CH-Aktienmarktinvestoren mit einer mittleren Jahresrendite (Total Return) von rund 4% rechnen. Das sind nicht wirklich schlechte Perspektiven.
     

    aKTIENBAROMETER sCHWEIZ PER 15.10.2021: Die mittlere Sicht

    Aufgrund der Gewinnschätzungen für die kommenden 12 Monate rechnet sich per 15.10.2021 ein Markt-P/E (Markt-KGV) von 20.62.  Entsprechend wird am CH-Aktienmarkt im Schnitt rund 20.6-mal der erwartete Gewinn bezahlt. Gemessen am mittleren P/E (KGV) von rund 16.0, ist der CH-Aktienmarkt zurzeit (15.10.2021) fast 30% (28,88%) zu «teuer». Das unmittelbare Korrekturpotential – hin zu einem mittleren KGV von 16.0 – rechnet sich mit (–)22,41%.

    Das aktuelle P/E von 20.62 notiert oberhalb des «kritischen Werts» von 19.2, den wir seit April letzten Jahres die meiste Zeit überschritten haben. Wie das folgende Diagramm zeigt, ist die Schwelle von 19.2 Ende der 1990er-Jahre deutlich überschritten worden. In der Folge ist der SPI zweimal (Sommer/Herbst 1998, Sommer/Herbst 2000 bis Frühjahr 2003) kräftig eingebrochen. Grosse Korrekturen können aber auch bei weit tieferen Markt-P/Es (Mai 2007: 16.03) ausgelöst werden!

      Unterstellt man ein nachhaltiges Markt-P/E (Markt-KGV) für den Aktienmarkt Schweiz von 16.0, ergibt sich per 15.10.2021 ein «fairer» Indexstand für den SPI von knapp 12'000 (11'977.60) Punkten. Basierend auf einer Standardabweichung von 3,2 P/E-Punkten rechnet sich für den SPI mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 68% eine Bandbreite von 9'582.08 bis 14'373.12 Punkten.

      Am Freitag, 15. Oktober, notierte(e) der SPI ausserhalb der oberen Bandbreite. Seit April letzten Jahres gehört dies quasi zum «courant normal». – Die «Normalisierung» zu Jahresbeginn (Januar, Februar) erwies sich als blosses Zwischenspiel. Das kann sich aber rasch ändern: Die Euphorie und der anschliessende Kater zur Jahrtausendwende lassen grüssen.

        Zwischenergebnis: Gemessen an den erwarteten Gewinnen für die kommenden 12 Monate, ist der Aktienmarkt Schweiz stark überbewertet und mithin ausgesprochen korrekturanfällig. Mit einem Anlagehorizont von ein paar Monaten bis zu zwei, drei Jahren ist hohe Wachsamkeit angesagt.
          

        aKTIENBAROMETER sCHWEIZ PER 15.10.2021: dIE KURZE sICHT

        In früheren Einschätzungen zum Aktienmarkt Schweiz habe ich gelegentlich das SPI-Bollinger-Band (200 Tage) zu Rate gezogen.

        Bollinger-Bänder streuen um den gleitenden Durchschnitt (z.B. jenen der letzten 20 Tage, 20 Wochen oder 20 Monate). Für denselben Zeitraum wird kontinuierlich die doppelte Standardabweichung (Volatilität) und mithin die Bandbreite ermittelt. Legt die Volatilität zu, weitet sich das Band aus, gibt die Volatilität nach, zieht sich das Band zusammen.

        In einem starken Auf- bzw. Abwärtstrend fluktuieren die Kurse im oberen bzw. im unteren Bandbereich. Berührt der Kurs das obere/untere Band oder schiesst dieser gar darüber hinaus, gilt das Investment als überkauft (oben) bzw. überverkauft (unten). Prallt der Kurs am unteren Band ab und überwindet er die Durchschnittslinie, wird das obere Band zum Kursziel. Stösst der Kurs am oberen Band an und fällt unter die Durchschnittslinie, wird das untere Band zum Kursziel. Sehr breite oder sehr enge Bänder deuten eine Trendwende an.

        Wie das folgende Diagramm zeigt, hat die September-Korrektur den SPI in Richtung Bandmitte gedrückt. Obschon der SPI in der ersten Oktober-Hälfte wieder nach oben tendiert, scheint der Abwärtstrend nach wie vor intakt. Sollten sich die aktuellen Spielverderber (Ausweitung der Verwerfungen am chinesischen Immobilienmarkt, Wiedererwachen der Inflation und Akzentuierung der Zinswende in den USA sowie im Euroraum, Verlangsamung des weltwirtschaftlichen Aufschwungs, erneutes Aufflackern der Covid-Pandemie) stärker bemerkbar machen, könnte dies die weltweiten Aktienmärkte – und mithin auch den  Aktienmarkt Schweiz – erheblich belasten. Das Korrekturpotenzial beträgt gut und gerne 15% bis 20%.

          Das «september-omen»

          Im September hat der SPI 5,66% verloren. Der Swiss Market Index (SMI) fiel gar um satte 6,19%. Negativ performten auch der Deutsche Aktienindex (–3,63%) oder etwa der Dow Jones Industrial Average (–4,28%). Der September hat damit seinen Ruf als schlechtester Börsenmonat einmal mehr bestätigt. Was dies für das vierte Quartal 2021 bedeuten könnte, will ich am Beispiel der langen Kursgeschichte des Dow Jones Industrial Average (DJIA) aufzeigen.

          In den letzten 124 Jahren (31.12.1896 bis 31.12.2020) schloss der DJIA im Monat September 71-mal im Minus. Das entspricht einer historischen Wahrscheinlichkeit von 57,26% (71/124). In der Folge hat der Oktober 33-mal, der November 27-mal und der Dezember 21-mal negativ performt. Die mittleren Monatsrenditen rechnen sich mit –0,64% (Oktober), 0,90% (November) und 1,35% (Dezember). Daraus ergibt sich eine mittlere Performance für das vierte Quartal von 1,60% . Soweit so unspektakulär.

          Was mich überrascht hat, ist die mittlere Jahresperformance von –0,02% (!) in den 71 Jahren mit einem September-Minus. Dunkelrot (–6,04%) war die Jahresperformance des DJIA in den 30 Jahren mit einem Septemberergebnis von –4% und tiefer! Immerhin: Die Ergebnisse für das viertel Quartal waren im Mittel leicht positiv (+0,22%).

          Nimmt man diese Rückschau zum Nennwert, kann man dem vierten Quartal einigermassen gelassen entgegenschauen. Die grosse Party dürfte aber gelaufen sein. Aber eben: Ich beziehe mich auf Mittelwerte – und diese verschleiern, dass die Streuung der DJIA-Rendite im vierten Quartal ausgesprochen breit ist (–29,65% im Jahr 1929, +30,28% im Jahr 1900).

            Zusammenfassung

            Die lange und die mittlere Sicht weisen – nach wie vor – auf eine starke Überbewertung und mithin eine hohe Korrekturanfälligkeit des Aktienmarktes Schweiz hin. Was uns das vierte Quartal 2021 bringen wird, ist höchst ungewiss. Mich irritiert die Nonchalence, mit der (zu) viele Marktbeobachter die aktuellen Risiken (Ausweitung der Verwerfungen am chinesischen Immobilienmarkt, Wiedererwachen der Inflation und Akzentuierung der Zinswende in den USA sowie im Euroraum, Verlangsamung des weltwirtschaftlichen Aufschwungs, erneutes Aufflammen der Covid-Pandemie) klein reden. Nichtsdestotrotz: Alles in allem gute Unternehmensergebnisse für das 3. Quartal wären allemal geeignet, die grundlegenden Probleme zu übertünchen.   

            Meine Strategie (Taktik?) bleibt unverändert: Ich halte an meinen (überwiegend dividendenstarken) Aktienpositionen fest. Gleichzeitig halte ich die Liquidität hoch, um bei einem allfälligen Einbruch die eine oder andere Position aufzustocken. Eine Absicherung mittels Put-Optionen und Short-Mini-Futures behalte ich stets im Auge.

            Zizers, 20. Oktober 2021

            Voraussichtlich nächstes Update: Mitte Januar 2022