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Lesen Sie zunächst die einführenden Erläuterungen zum Aktienbarometer Schweiz!
Zizers, 15./16. Januar 2025
Max Lüscher-Marty
Meine Einschätzungen verstehen sich als Beitrag zur Meinungsbildung – nicht mehr, aber hoffentlich auch nicht weniger. Finanzmärkte im Allgemeinen und Aktienmärkte im Besonderen verhalten sich zu oft wie ungezogene Kinder. Sie halten sich nicht gerne an Regeln, auch wenn diese zuweilen durchaus vernünftig erscheinen.
Ich halte mich im Folgenden an den Swiss Performance Index (SPI). Der SPI ist ein Total Return Index und umfasst alle (rund 205) an der SIX primär kotierten Aktien (ohne Investmentgesellschaften). Er zeigt die Entwicklung des Aktienmarkts Schweiz unter der Annahme, dass die geleisteten Bruttodividenden unmittelbar reinvestiert werden.
Am Montag, 30.12.2024, schloss der Swiss Performance Index (SPI) mit 15'472.33 Punkten. Gemessen am Vorjahresschluss von 14'571.23 Punkten, resultiert eine Jahresrendite von 6,18%. Die Underperformance zum SPI-Mittelwert (1988 bis 2024) von 8,45% beträgt 2.27 Prozentpunkte. In der 37-jährigen Geschichte des SPI reicht dies für Rang 23.
Bezogen auf die 99-jährige Pictet-Datenreihe (1926 bis 2024) – die mittlere Jahresrendite rechnet sich hier mit 7,65% – bringt es das Schweizer Aktienjahr 2024 auf Platz 56. Wirklich berauschend ist das Jahresergebnis nicht, schon gar nicht im Vergleich zum US-Aktienmarkt, wo der S&P500 Total Return Index mit Referenzwährung CHF eine Rendite von 34,51% erzielte.
Das Schweizer Aktienjahr 2024 lässt sich unschwer in zwei Phasen unterteilen: Zunächst ein volatiles Auf bis zum 30. August mit einer Zwischenperformance (YTD) von 13,63% und anschliessend ein volatiles Ab bis zum 20. Dezember mit einem Verlust von –9,26%. Per 20.12.2024 rechnete sich gerade noch eine Zwischenperformance (YTD) von 3,11%. Ein Schlussspurt brachte immerhin noch die valable Jahresrendite von 6,18%.
Wie das folgende Diagramm zeigt, war der Jahresverlauf eher untypisch. Das gilt vorab für die Monate Oktober, November und Dezember. Entgegen der üblichen (mittleren) positiven Entwicklung, schlossen alle drei Monate im Minus. In der 37-jährigen Kursgeschichte des SPI rangiert das vierte Quartal 2024 mit einer Rendite von –4.85% an drittletzter Stelle. Schlechtere Quartalsrenditen gab es nur 2018 (–9,48%) und 2008 (–19,73%). 2018 schloss mit einer Jahresrendite von –8,57% und 2008 mit dem bisherigen Minus-Rekord von –34,05%.
Bemerkenswert ist, dass die grosskapitalisierten Titel (Large Caps) im Schnitt deutlich besser abgeschnitten haben als die Mid und Small Caps. Auf TR-Basis rentierte der SMI mit 7,55%, der SPI Middle mit 1,43% und der SPI Small mit –2,89%. Vom oft zitierten Small Cap-Effekt, wonach Small Caps immer wieder besser performen als Large und Mid Caps, war im Jahr 2024 nichts zu sehen.
Ohne Dividendenreinvestition ergaben sich im Berichtsjahr folgende Sektor-Renditen: SMI 4,16%, SPI 2,98%, SPI Middle –2,98% und SPI Small –5,26%.
Von den 20 SMI-Titeln schlossen 14 im Plus (70%), von den 80 Middle-Titeln 38 (47,50%) und von den 104 Small-Titeln 45 (43,27%). Die SMI-Top-Performer waren Lonza N (51,48%), Swiss Re N (38,75%), Holcim N (32,32%) und ABB N (31,55%). Schlusslichter waren – mit deutlichem Rückstand – Kühne und Nagel N (–28,30%), Nestlé N (–23,21%) und Sika N (–21,15%).
Bei den Titeln des SPI Middle glänzten Accelleron N (77,84%), Swissquote N (70,09%), Galderma N (57,30%) und Sulzer N (52,50%). Klare Schlusslichter waren Meyer Burger N (–98,49%), Doc Morris N (–72,91%), ams-Osram (–71,92%), Lem N (–64,29%) und Softwareone N (–62,80%).
Am Montag, 30.12.2024, schloss der SPI mit 15'472.33 Punkten. Gemessen am «neutralen» Wert (Mittelwert) meines Trendkanals von aktuell 16'340.04 SPI-Punkten, rechnet sich für den CH-Aktienmarkt eine Unterbewertung von (–)5,31% (15'472.33 ÷ 16'340.04 –1):
Das unmittelbare Erholungspotential (hin zum Mittelwert) beträgt 5,61% (16'340.04 ÷ 15'472.33 –1):
Wer wirklich langfristig denkt und darauf vertraut, dass der CH-Aktienmarkt einem nachhaltigen – wenn auch volatilen – Aufwärtstrend folgt, darf durchaus zuversichtlich in die lange Zukunft blicken.
Die bisherigen Ausführungen basieren ausschliesslich auf der Analyse und Interpretation historischer Da-tenreihen. Sie blenden das aktuelle/erwartete wirtschaftliche und politische Umfeld aus. Mit dem leicht nachvollziehbaren P/E- bzw. KGV-Konzept bringe ich einen Aspekt der fundamentalen Sicht ins Spiel.
Ausgedrückt in SPI-Indexpunkten, veranschlagt Bloomberg die erwarteten Gewinne für die nächsten 12 Monate mit 864.64 Punkten. Das ergibt ein Markt-P/E (Markt-KGV) von 17.89 (15'472.33 ÷ 864.64 = 17.79). Entsprechend wird am CH-Aktienmarkt im Schnitt 17.89-mal der erwartete Gewinn bezahlt. In der Vergangenheit habe ich stets mit einem mittleren P/E (KGV) von 16.00 gerechnet. Das war/ist wohl etwas konservativ. Der Einbezug der jüngsten Daten rechtfertigt einen nachhaltigen Mittelwert von 16.35.
Unterstellt man per 31.01.1994 (SPI: 2007.47, Gewinnpunkte: 122.78) eine faire Bewertung, haben seither der SPI um 670.74% (Faktor: 7.7074) und die erwarteten Gewinne um 604,22% (Faktor: 7.0422) zugelegt. Der SPI hat mithin im Betrachtungsraum stärker zugelegt als die erwarteten Gewinne. Das weist auf eine Überbewertung hin.
Wie hoch die Überbewertung ist bzw. sein könnte, lässt sich abschätzen, indem man das aktuelle P/E (KGV) von 17.89 ins Verhältnis zum nachhaltigen Mittelwert von 16.35 setzt. Per 31.12.2024 rechnet sich auf diese Weise eine «Überbewertung» von 9,42%. (17.89 ÷ 16.35 – 1 = 0.09419). Das Korrekturpotenzial, hin zu einem mittleren KGV von 16.35, beträgt rund –8,60% (16.35 ÷ 17.89 –1 = –0.086082).
Auf der Basis eines nachhaltigen Markt-P/E (Markt-KGV) für den Aktienmarkt Schweiz von 16.35, ergibt sich per 31.12.2024 ein «fairer» Indexstand für den SPI von 14'136.89 Punkten. Basierend auf einer Standardabweichung von 3.25 P/E-Punkten, rechnet sich für den SPI mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 68% eine Bandbreite von 11'326.81 bis 16'946.98 Punkten.
Die mittlere Sicht auf Grundlage des KGV-Konzepts deutet an, dass die Gewinnerwartungen (Konsens-Schätzungen) das aktuelle Niveau des CH-Aktienmarkts weiterhin nicht wirklich rechtfertigen. Die Konsens-Schätzungen entsprechen notabene den mittleren Gewinnerwartungen der analysierten SPI-Unternehmen. Das Korrekturpotenzial von –8,60% ist zwar nicht ausgesprochen hoch. Dennoch ist es beachtens- und bedenkenswert.
Kreuzpunkte zwischen der 50- und der 200-Tage-Linie, 20-Tage-Volatilität
Gleitende Durchschnitte (Moving Average, MAV) sind die vielseitigsten und am häufigsten benutzten technischen Indikatoren. Sie zeigen, ob ein Trend noch intakt ist oder ob ein alter durch einen neuen Trend abgelöst wird.
Im Rahmen von Gesamtmarktanalysen hat die 50/200-Crossover-Regel einen hohen Stellenwert. Kreuzt die 50-Tage-Linie die 200-Tage-Linie von unten nach oben – man spricht vom Goldenen Kreuz (Golden Cross) – ist ein Baisse-Trend zu Ende und es bahnt sich eine Hausse an. Umgekehrt (50-Tage-Linie durchstösst die 200-Tage-Linie von oben nach unten) spricht man von einem Todeskreuz (Death Cross).
Ein vertiefter Blick auf das nachstehende Diagramm zeigt, dass die 50-Tage- die 200-Tage-Durchschnittslinie von oben nach unten durchstossen hat. Das ist ein Warnsignal. Ohne Gegenkräfte zeichnet sich eine Korrektur in Richtung 15'000 SPI-Punkte ab, schlimmstenfalls gar in Richtung 13'500 SPI-Punkte.
Die tiefe 20-Tage-Volatilität von 9,71% ist übrigens Ausdruck einer «schleichenden» Korrektur.
Bollinger-Bänder
Um die gleitenden Durchschnittslinien, etwa auf Basis der letzten 20, 50 oder 200 Tage, lassen sich Bänder mit konstanten oder variablen Bandbreiten legen. Bewegungen des Basiswerts über das obere bzw. das untere Band hinaus signalisieren ein Über- bzw. Unterschiessen (overbought bzw. oversold).
Unser Bollinger-Band signalisierte bereits im Mai/Juni 2024 ein Überschiessen (overbought). Ende Oktober hat der SPI nun auch die 200-Tage-Linie von oben nach unten durchstossen. Der SPI könnte mithin das untere Bandende von 15'010.52 Punkten anvisieren und – weil sich das Band bei sinkenden Kursen ausweitet – auch noch tiefer fallen.
Fibonacci-Retracements
Am 30.08.2024 stiess der SPI im Tagesverlauf auf 16'557.98 Punkte vor. Er verfehlte damit knapp das historische SPI-Tageshöchst vom 03.01.2022 mit 16'610.35 Punkten. Seither zeigt die Kursentwicklung nach Süden. Entscheidend dürfte sein, ob es dem SPI gelingt, die Marke von rund 15'900 Punkten zurückzuerobern. Eine Frühjahrs-Korrektur in Richtung 14'900 SPI-Punkte würde mich nicht überraschen.
Das CH-Aktienjahr 2024 (+6,18% SPI/TR) war – ganz anders etwa das US-Aktienjahr (+34,51% S&P500 TR/CHF) – ein unterdurchschnittliches Jahr: nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut.
In der langen Sicht (Trendkanal-Konzept) notiert der SPI und mithin der Aktienmarkt Schweiz rund 5,3% unterhalb des Trendwachstums. Mit einem Anlagehorizont von drei Jahren rechnet sich auf Basis meines Trendkanals eine Verlustwahrscheinlichkeit von 15,70% und mit einem Anlagehorizont von fünf Jahren von 13,80%. Auf mittlere und lange Sicht darf mit einer Wahrscheinlichkeit von gegen 70% mit einer durchschnittlichen Jahresrendite von 5% und mehr gerechnet werden.
Aus einer mittleren Optik (KGV-Konzept) rechtfertigen die Gewinnerwartungen für die kommenden 12 Monate den aktuellen Stand des SPI (noch) nicht. Das P/E von 17.89 liegt zwar unterhalb der kritischen Marke von 19.60. Gemessen am mittleren P/E von 16.35 beträgt das unmittelbare Korrekturpotenzial aber gut und gerne (–)8,50%, es sei denn, die (erwarteten) Unternehmensgewinne legen in den kommenden Quartalen deutlich zu.
Kurzfristig (nächste drei bis sechs Monate) ist aus charttechnischen Erwägungen das Korrekturrisiko eher hoch. Die partielle Realisierung (Mitnahme) von durchaus möglichen Kursgewinnen und/oder zwischen-zeitliche Absicherungen mittels Put-Käufen oder Short-Mini-Futures sind stets im Auge zu behalten.
An meiner eigenen «Strategie» – rund 50% CH-Aktien (Ziel: Dividendenrendite von mindestens 3,5%) und 50% Liquidität bzw. Festgelder – halte ich fest.
Zizers, 15./16. Januar 2025
Um die gleitenden Durchschnittslinien, etwa auf Basis der letzten 20, 50 oder 200 Tage, lassen sich Bänder mit konstanten oder variablen Bandbreiten legen. Bewegungen des Basiswerts über das obere bzw. das untere Band hinaus signalisieren ein Über- bzw. Unterschiessen (overbought bzw. oversold).
Während Prozentbänder, so etwa ein Band von +/–10%, die Bewegungen des gleitenden Durchschnitts «eins zu eins» mitmachen, verändert sich die Bandbreite der von John Bollinger in den 1980er-Jahren entwickelten Bollinger-Bänder laufend. Massgebend ist die doppelte Standardabweichung auf der Basis der absoluten Kursentwicklung über eine bestimmte Zeitperiode (z.B. 20, 50 oder 200 Tage). Legt der Basiswertkurs mehr und mehr zu, verengt sich das Band, gibt der Basiswert stark und stärker nach, weitet sich das Band aus.
Berührt der Basiswertkurs das obere bzw. das untere Band, wird dies als Überdehnung interpretiert. Das Investment gilt als überkauft (oberes Band) bzw. als überverkauft (unteres Band). Wenn der Kurs am unte-ren Band abprallt und die Durchschnittslinie durchbricht, wird das obere Band zum Kursziel nach oben. Schlägt der Kurs am oberen Band an und durchstösst die Durchschnittslinie von oben nach unten, wird das untere Band zum Kursziel nach unten.
Zizers, 15./16. Januar 2015
Fibonacci-Retracement-Levels werden in der Technischen Analyse verwendet, um Unterstützungs- und Widerstandspunkte zu orten. Grundidee ist die simple Feststellung, dass auf jeden Aufwärtstrend (Bullen-markt) und jeden Abwärtstrend (Bärenmarkt) über kurz oder lang eine Gegenbewegung (Korrektur) folgt. Um das Ausmass dieser Gegenbewegungen abzuschätzen, greifen Techniker gerne auf die Fibonacci-Zahlenreihe zurück. Begründer dieser Zahlenreihe ist Leonardo Pisano (ca. 1170 bis ca. 1240), genannt Fibonacci, der wohl bedeutendste Mathematiker des Mittelalters.
Die Fibonacci-Zahlenreihe beginnt wie folgt: 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, usw. Dabei gilt: 1+1=2, 1+2=3, 2+3=5, 3+5=8, 5+8=13, 8+13=21, 13+21=34, usw. Das Besondere an dieser Zahlenfolge ist, dass sie mit einem praktisch konstanten Faktor von 1.618 wächst (21÷13=1.615, 89÷55 =1.618, 144÷89=1.618, 233÷144=1.618, usw.). Auch die Division der kleineren durch die grössere Zahl ergibt einen praktisch konstanten Wert von 0.618 (55÷89= 0.618, 89÷144=0.618, usw.). Teilt man eine Fibo-nacci-Zahl durch die vorletzte (z.B. 144÷55), rechnet sich jeweils ein Wert von ziemlich genau 2.618. Der reziproke Wert davon ist 0.382 (z.B. 55÷144).
Das Ausmass der Korrekturen nach einem Aufwärtstrend (siehe das Diagramm mit den Fibonacci-Retracements) wird wie folgt bestimmt: H – (H – L) x Fibonacci-Verhältniszahl. H steht für das zwischen-zeitliche Höchst und L für das zwischenzeitliche Tiefst. Oft verwendete Fibonacci-Verhältniszahlen sind 0.382, 0.500 (als Zwischenwert) und 0.618. Das 50%-Niveau gilt als eines der wichtigsten Niveaus. Wird es durchbrochen, ist mit einer Fortsetzung des Auf- bzw. Abwärtstrends zu rechnen.
Bestimmt man für den Swiss Performance Index (SPI) das jüngste Höchst mit 16'557.98 und das jüngste Tiefst mit 15'238.03 Punkten, ergibt sich das Retracement-Level bei einer Verhältniszahl von 0.236 wie folgt: 16'557.98 – (16'557.98 – 15'238.03) x 0.236) = 16'246.47. Die Retracement-Levels bei einer Ver-hältniszahl von 1.236 bzw. 1.618 sind 14'926.52 bzw. 14'422.30.
Zizers, 15./16. Januar 2025
Voraussichtlich nächstes Update: 4./5. März 2025