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Lesen Sie zunächst die einführenden Erläuterungen zum Aktienbarometer Schweiz!
Zizers, 13.08.2024
Max Lüscher-Marty
Meine Einschätzungen verstehen sich als Beitrag zur Meinungsbildung – nicht mehr, aber hoffentlich auch nicht weniger. Finanzmärkte im Allgemeinen und Aktienmärkte im Besonderen verhalten sich zu oft wie ungezogene Kinder. Sie halten sich nicht gerne an Regeln, auch wenn diese zuweilen durchaus vernünftig erscheinen.
Ich halte mich im Folgenden an den Swiss Performance Index (SPI). Der SPI ist ein Total Return Index und umfasst alle (rund 215) an der SIX primär kotierten Aktien (ohne Investmentgesellschaften). Er zeigt die Entwicklung des Aktienmarkts Schweiz unter der Annahme, dass die geleisteten Bruttodividenden unmittelbar reinvestiert werden.
2023 schloss der SPI mit 14'571.23 Punkten und einer Jahresrendite 2023 von 6,09%. Am Freitag, 09.08.2024, notierte der SPI bei Börsenschluss mit 15'791.89 Punkten. Das entspricht einer aufgelaufenen Jahresrendite (YTD) von feinen 8,38%.
Sein bisheriges Jahreshöchst erreichte der SPI am 15.07.2024 mit 16'484.31 Punkten. In der Folge sackte der SPI bis auf 15'226.18 Punkte ab (Tagestiefst am 05.08.2024), um sich in der Folge wieder auf 15'791.89 Punkte (Tagesschluss am 09.08.2024) zu erholen.
Ist der miserble August-Auftakt mit drei Minus-Tagen in Folge (02.08.: –3,40%, 05.08.: –2,78%, 06.08.: –0,20%) ein Art Vorbote für weit Schlimmeres?
«Sell End of July and say goodbye, but remember to be back End of September.» Dieser Schluss liegt nahe, wenn man den mittleren Jahresverlauf des SPI (Datenbasis: 31.12.1987 ff.) zu Rate zieht. Wie das folgende Diagramm zeigt, performen die Monate August und September im statistischen Mittel negativ. Dieses «Muster» lässt sich notabene auch in den USA (S&P 500 TR), in Europa (STOXX Europe 50 TR) und auch weltweit (MSCI World TR) beobachten.
Das aktuelle politische und wirtschaftliche Umfeld schätze ich so ein, dass der Spätsommer-Blues in diesem Jahr besonders stark spielen könnte.
Am Freitag, 09. August 2024, schloss der SPI mit 15'791.89 Punkten. Gemessen am «neutralen» Wert (Mittelwert) meines Trendkanals von aktuell 15'875.17 SPI-Punkten, ist der CH-Aktienmarkt praktisch «fair» bewertet. Der Erwartungswert (Mittelwert) meines Trendkanals per Ende Jahr (31.12.2024) beträgt 16'340.04 SPI-Punkte.
Das folgende Diagramm – es zeigt dasselbe in grün – bestätigt den Befund eines «fair» bewerteten CH-Aktienmarkts.
Ich wiederhole meine Einschätzung von Anfang Juni:
«Wer wirklich langfristig denkt, darf durchaus zuversichtlich in die Zukunft blicken. Wie der obige Chart zeigt, braucht es aber auch auf diesem Niveau zuweilen gute Nerven!»
Die bisherigen Ausführungen basieren ausschliesslich auf der Analyse und Interpretation historischer Datenreihen. Sie blenden das aktuelle/erwartete wirtschaftliche und politische Umfeld aus. Mit dem leicht nachvollziehbaren P/E- bzw. KGV-Konzept bringe ich einen Aspekt der fundamentalen Sicht ins Spiel.
Aufgrund der Gewinnschätzungen für die kommenden 12 Monate rechnet sich per 09. August ein Markt-P/E (Markt-KGV) von 18.88. Entsprechend wird am CH-Aktienmarkt im Schnitt 18.88-mal der erwartete Gewinn bezahlt. Gemessen am mittleren P/E (KGV) von rund 16.0, ist der CH-Aktienmarkt 18,00% «zu teuer». Das Korrekturpotenzial, hin zu einem mittleren KGV von 16.0, beträgt gut 15% (16.00/18.88 –1 = –15,25%).
Unterstellt man ein nachhaltiges Markt-P/E (Markt-KGV) für den Aktienmarkt Schweiz von 16.0, ergibt sich per 09. August 2024 ein «fairer» Indexstand für den SPI von 13'384.72 Punkten. Basierend auf einer Standardabweichung von 3.2 P/E-Punkten, rechnet sich für den SPI mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 68% eine Bandbreite von 10'707.78 bis 16'061.66 Punkten. Wie ersichtlich, notiert der SPI sehr nahe am oberen Bandende.
Die mittlere Sicht auf Basis des KGV-Konzepts deutet an, dass die Gewinnerwartungen (Konsens-Schätzungen) das aktuelle Niveau des CH-Aktienmarkts – nach wie vor – nicht wirklich rechtfertigen. Die Konsens-Schätzungen entsprechen notabene den mittleren Gewinnerwartungen der analysierten SPI-Unternehmen.
Kreuzpunkte zwischen der 50- und der 200-Tage-Linie, 20-Tage-Volatilität
Gleitende Durchschnitte (Moving Average, MAV) sind die vielseitigsten und am häufigsten benutzten technischen Indikatoren. Sie zeigen, ob ein Trend noch intakt ist oder ob ein alter durch einen neuen Trend abgelöst wird.
Im Rahmen von Gesamtmarktanalysen hat die 50/200-Crossover-Regel einen hohen Stellenwert. Kreuzt die 50-Tage-Linie die 200-Tage-Linie von unten nach oben – man spricht vom Goldenen Kreuz (Golden Cross) – ist ein Baisse-Trend zu Ende und es bahnt sich eine Hausse an. Umgekehrt (50-Tage-Linie durchstösst die 200-Tage-Linie von oben nach unten) spricht man von einem Todeskreuz (Death Cross).
Beim letzten Update von Anfang Juni dieses Jahres habe ich an dieser Stelle folgendes festgehalten:
«Die aktuelle Hausse wurde am 07. Februar 2024 durch ein «Golden Cross» bestätigt. In der Folge hat sich der SPI mehr und mehr vom 200-Tage-Durchschnitt entfernt. Aktuell (31.05.2024) beträgt der Abstand (hohe) 1'303.42 Punkte. Gleichzeitig notiert die 20-Tage-Volatilität mit (tiefen) 9,75%. Dieser Mix ist alleweil «gut» für eine kleinere oder grössere Gegenbewegung (Korrektur).»
Am 06.08.2024 schloss der SPI nur noch 271.33 Punkte oberhalb des 200-Tage-Durchschnitts. Inzwischen (09.08.2024) beträgt der Abstand wieder 686.84 Punkte (15'791.89 – 15'105.05). Ich gehe davon aus, dass der SPI die 200-Tage-Durchschnittslinie noch im August anvisieren oder gar unterschreiten wird.
Bollinger-Bänder
Um die gleitenden Durchschnittslinien, etwa auf Basis der letzten 20, 50 oder 200 Tage, lassen sich Bänder mit konstanten oder variablen Bandbreiten legen. Bewegungen des Basiswerts über das obere bzw. das untere Band hinaus signalisieren ein Über- bzw. Unterschiessen (overbought bzw. oversold). Ein besonders interessanter Ansatz sind die Bollinger-Bänder (siehe die Rubrik «kurz erklärt» weiter unten):
Auch hier erlaube ich mir einen Rückgriff auf das letzte Update von Anfang Juni:
«Per 31. Mai 2024 notiert der SPI leicht ausserhalb der oberen (grünen) Bollinger-Linie. Das deutet auf einen überkauften Markt (overbought) hin und mahnt zur Vorsicht. Was für alle Indikatoren (technisch oder fundamental) gilt, trifft auch hier zu: Signale funktionieren zuweilen gut und zuweilen auch nicht. Wenn man das obige Diagramm näher anschaut, funktionier(t)en die Wiedereinstiegs-Signale (oversold) erstaunlich gut. Die Ausstiegs-Signale (overbought) kamen dagegen mehr als einmal zur Unzeit.»
Sollte der SPI die 200-Tage-Durchschnittslinie in nächster Zeit tatsächlich durchbrechen, wäre eine deutliche Talfahrt möglich. Es könnte durchaus das untere Bandende von rund 13'600 Punkten anvisiert werden.
Fibonacci-Retracements
Vom 15.07.2024 (Tageshöchst: 16'484.31) bis zum 05.08.2024 (Tagestiefst: 15'226.18) hat der SPI (–)7,63% eingebüsst und sich bis zum 09.08.2024 (Tagesschluss: 15'791.79) um 3,71% erholt. Gut möglich, dass sich die Erholung bis in die Region von 16'000 SPI-Punkten fortsetzen wird. Absehbare Bad News dürften aber eine zweite Korrekturwelle und mithin einen Taucher unter die Marke von 15'000 SPI-Punkten auslösen.
Aus einer langen Optik (Trendkanal-Konzept) ist der Aktienmarkt Schweiz «fair» bewertet. Von einem «irrationalen Überschwang» wie in den späten 1990er-Jahren kann nicht die Rede sein.
Aus einer mittleren Optik (KGV-Konzept) sind die Gewinnerwartungen für die kommenden 12 Monate und der aktuelle Stand des SPI im Widerspruch. Ein P/E von 18.88 ist – gemessen am mittleren P/E von 16.00 – nicht realistisch. Kurzfristig (August/September) ist aus historischer Sicht (mittlerer Jahresverlauf) und aus charttechnischen Erwägungen mit einer Korrektur zu rechnen. Diese könnte durchaus schmerzhaft ausfallen. Gewinnmitnahmen und/oder zwischenzeitliche Absicherungen mittels Put-Käufen oder Short-Mini-Futures machen womöglich Sinn.
An meiner eigenen «Strategie» (bis zu 50% CH-Aktien, mindestens 50% Liquidität bzw. Festgelder) halte ich fest, ebenso an der Favorisierung von Value-Titeln im Allgemeinen und starken Dividendentiteln im Besonderen.
Zizers, 13. August 2024
Um die gleitenden Durchschnittslinien, etwa auf Basis der letzten 20, 50 oder 200 Tage, lassen sich Bänder mit konstanten oder variablen Bandbreiten legen. Bewegungen des Basiswerts über das obere bzw. das untere Band hinaus signalisieren ein Über- bzw. Unterschiessen (overbought bzw. oversold).
Während Prozentbänder, so etwa ein Band von +/–10%, die Bewegungen des gleitenden Durchschnitts «eins zu eins» mitmachen, verändert sich die Bandbreite der von John Bollinger in den 1980er-Jahren entwickelten Bollinger-Bänder laufend. Massgebend ist die doppelte Standardabweichung auf der Basis der absoluten Kursentwicklung über eine bestimmte Zeitperiode (z.B. 20, 50 oder 200 Tage). Legt der Basiswertkurs mehr und mehr zu, verengt sich das Band, gibt der Basiswert stark und stärker nach, weitet sich das Band aus.
Berührt der Basiswertkurs das obere bzw. das untere Band, wird dies als Überdehnung interpretiert. Das Investment gilt als überkauft (oberes Band) bzw. als überverkauft (unteres Band). Wenn der Kurs am unteren Band abprallt und die Durchschnittslinie durchbricht, wird das obere Band zum Kursziel nach oben. Schlägt der Kurs am oberen Band an und durchstösst die Durchschnittslinie von oben nach unten, wird das untere Band zum Kursziel nach unten.
Zizers, 13. August 2024
Fibonacci-Retracement-Levels werden in der Technischen Analyse verwendet, um Unterstützungs- und Widerstandspunkte zu orten. Grundidee ist die simple Feststellung, dass auf jeden Aufwärtstrend (Bullenmarkt) und jeden Abwärtstrend (Bärenmarkt) über kurz oder lang eine Gegenbewegung (Korrektur) folgt. Um das Ausmass dieser Gegenbewegungen abzuschätzen, greifen Techniker gerne auf die Fibonacci-Zahlenreihe zurück. Begründer dieser Zahlenreihe ist Leonardo Pisano (ca. 1170 bis ca. 1240), genannt Fibonacci, der wohl bedeutendste Mathematiker des Mittelalters.
Die Fibonacci-Zahlenreihe beginnt wie folgt: 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, usw. Dabei gilt: 1+1=2, 1+2=3, 2+3=5, 3+5=8, 5+8=13, 8+13=21, 13+21=34, usw. Das Besondere an dieser Zahlenfolge ist, dass sie mit einem praktisch konstanten Faktor von 1.618 wächst (21÷13=1.615, 89÷55 =1.618, 144÷89=1.618, 233÷144=1.618, usw.). Auch die Division der kleineren durch die grössere Zahl ergibt einen praktisch konstanten Wert von 0.618 (55÷89= 0.618, 89÷144=0.618, usw.). Teilt man eine Fibonacci-Zahl durch die vorletzte (z.B. 144÷55), rechnet sich jeweils ein Wert von ziemlich genau 2.618. Der reziproke Wert davon ist 0.382 (z.B. 55÷144).
Das Ausmass der Korrekturen nach einem Aufwärtstrend (siehe das Diagramm mit den Fibonacci-Retracements) wird wie folgt bestimmt: H – (H – L) x Fibonacci-Verhältniszahl. H steht für das zwischenzeitliche Höchst und L für das zwischenzeitliche Tiefst. Oft verwendete Fibonacci-Verhältniszahlen sind 0.382, 0.500 (als Zwischenwert) und 0.618.
Bestimmt man für den Swiss Performance Index (SPI) das jüngste Höchst mit 16'484.31 und das letzte Tiefst mit 14'455.60 Punkten, ergibt sich das Retracement-Level bei einer Verhältniszahl von 0.618 wie folgt: 16'484.31 – (16'484.31 – 14'455.60) x 0.618) = 15'230.57. Die Retracement-Levels bei einer Verhältniszahl von 0.500 bzw. 0.764 sind 15'469.96 bzw. 14'934.58.
Das 50%-Niveau gilt als eines der wichtigsten Niveaus. Wird es durchbrochen, ist mit einer Fortsetzung des Auf- bzw. Abwärtstrends zu rechnen.
Zizers, 13. August 2024
Voraussichtlich nächstes Update: 04./05. Oktober 2024