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Lesen Sie zunächst die einführenden Erläuterungen zum Aktienbarometer Schweiz!
Zizers, 04. Oktober 2023
Max Lüscher-Marty
Meine Einschätzungen verstehen sich als Beitrag zur Meinungsbildung – nicht mehr, aber hoffentlich auch nicht weniger. Finanzmärkte im Allgemeinen und Aktienmärkte im Besonderen verhalten sich zu oft wie ungezogene Kinder. Sie halten sich nicht gerne an Regeln, auch wenn diese zuweilen durchaus vernünftig erscheinen.
Ich halte mich im Folgenden an den Swiss Performance Index (SPI). Der SPI ist ein Total Return Index und umfasst alle (rund 215) an der SIX primär kotierten Aktien (ohne Investmentgesellschaften). Er zeigt die Entwicklung des Aktienmarkts Schweiz unter der Annahme, dass die geleisteten Bruttodividenden unmittelbar reinvestiert werden.
Das bisherige Aktienjahr 2023 ist geprägt von einer eigentlichen Berg- und Talfahrt. Die «Ups and Downs» auf Basis von Tageshöchst- und Tagestiefstkursen machen dies deutlich: +7,01% (31.12. bis 17.01.), –7,35% (17.01. bis 15.03), +12,47% (15.03. bis 15.06.), –6,25% (15.06. bis 10.07.), +4,73% (10.07. bis 27.07.), –5,79% (27.07. bis 28.09).
Per 29.09. rechnet sich eine zwischenzeitliche Jahresrendite (Year to date, YTD) von 4,61%. Das entspricht exakt der mittleren September-Rendite (YTD) des SPI vom 31.12.1987 bis zum 31.12.2022. Die höchste September-Rendite ergab sich im Jahr 1997 (44,36%!), die tiefste im Jahr 2001 (–27,32%%!).
Was darf aus historischer Sicht für das vierte Quartal erwartet werden? Wie das folgende Diagramm zeigt, legte der CH-Aktienmarkt von Ende September bis Ende Jahr im Schnitt der letzten 35 Jahre deutlich zu, d.h. von 104.61 auf 108.58 Punkte. Das entspricht einer mittleren Quartalsrendite von 3,80% und einer Jahresschlussrendite von stattlichen 8,58%. Aber aufgepasst: Die Quartalsrenditen streuen ausgesprochen breit: von +21,71% (4. Quartal 1988) bis –16,06% (4. Quartal 2022).
Am Freitag, 29. September 2023, schloss der SPI mit 14'368.61 Punkten. Das sind 494.88 Punkte bzw. –3,33% unter dem «neutralen» Wert (Mittelwert) meines Trendkanals von aktuell 14'863.49 SPI-Punkten. Der Erwartungswert (Mittelwert) meines Trendkanals per Ende Jahr (31.12.2023) beträgt 15'148.64 SPI-Punkte.
Das unmittelbare Erholungspotential, hin zum «neutralen» Wert (Mittelwert), rechnet sich mit 3,44%. Der Erwartungswert (Mittelwert) meines Trendkanals per Jahresende (31.12.2023) von 15'148.65 SPI-Punkten «verheisst» für das 4. Quartal ein Plus von 5,43%.
Gemessen am Trendkanal-Konzept, ist der CH-Aktienmarkt «komfortabel» bewertet. Wer wirklich langfristig denkt, darf «gelassen» investiert bleiben. Dennoch: Wie Figura zeigt, bietet auch ein «faires» Bewertungsniveau keinen Schutz vor Einbrüchen.
Aufgrund der Gewinnschätzungen für die kommenden 12 Monate rechnet sich per 29.09.2023 ein Markt-P/E (Markt-KGV) von 17.97. Entsprechend wird am CH-Aktienmarkt im Schnitt rund 18-mal der erwartete Gewinn bezahlt. Gemessen am mittleren P/E (KGV) von rund 16.0, ist der CH-Aktienmarkt gut 12% (12,31%) zu teuer. Das Korrekturpotenziel, hin zu einem mittleren KGV von 16.0, beträgt rund 11% (–10,96%).
Unterstellt man ein nachhaltiges Markt-P/E (Markt-KGV) für den Aktienmarkt Schweiz von 16.0, ergibt sich per 30.09.2023 ein «fairer» Indexstand für den SPI von 12'793.47 Punkten. Basierend auf einer Standardabweichung von 3.2 P/E-Punkten, rechnet sich für den SPI mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 68% eine Bandbreite von 10'234.78 bis 15'352.17 Punkten.
Das aktuelle P/E von rund 18 ist ein Hinweis, dass die Gewinnerwartungen eher zu hoch sind. Mögliche Gründe dafür sind verfrühte Erwartungen auf einen Zinszückgang und/oder «falsche» Hoffnungen auf ein konjunkturelles Softlanding.
Gleitende Durchschnitte (Moving Average, MAV) sind die vielseitigsten und am häufigsten benutzten technischen Indikatoren. Sie zeigen, ob ein Trend noch intakt ist oder ob ein alter durch einen neuen Trend abgelöst wird. Oft werden Kreuzpunkte der 20-, 50- oder 200-Tage-Linien als Kauf- bzw. Verkaufssignale genutzt.
Wie das folgende Diagramm zeigt, hat am 29. September 2023 die 50-Tage-Linie die 200-Tage-Linie von oben nach unten «durchstossen». Ob sich daraus ein eigentliches «Todeskreuz» (death cross) entwickeln wird, ist selbstverständlich ungewiss. Ein Warnhinweis ist es allemal!
Seit dem jüngsten Höchst vom 15.05.2023 (15'314.62) befindet sich der SPI im Abwärtstrend. Die Fahrt nach unten könnte sich durchaus noch einige Zeit fortsetzen. Als wichtige Marke (Unterstützung) könnte sich jene bei rund 14'050 SPI-Punkten herausstellen. Hält diese nicht, ergäbe sich ein nächster Wiederstand bei rund 13'750 SPI-Punkten.
Aus einer langen Optik (Trendkanal-Konzept) ist der Aktienmarkt Schweiz durchaus «fair» bewertet, womöglich gar leicht unterbewertet. Wer wirklich langfristig denkt, wird sich von zwischenzeitlichen Korrekturen nicht irritieren lassen.
Aus einer mittleren Optik (KGV-Konzept) rechtfertigen die Gewinnerwartungen für die kommenden 12 Monate das aktuelle Niveau nicht. Das Korrekturpotenzial beträgt gut und gerne 10% bis 12%.
Auch wenn die Historie ein gutes 4. Quartal ewarten lässt, gibt es ernst zu nehmende Signale, welche diese Hoffnung zerstören könnten. Da wären etwa ein sich anbahnendes «Todeskreuz» und ein Trendkanal, der klar nach unten zeigt.
An meiner eigenen «Strategie» (40% CH-Aktien, 60% Liquidität) halte ich nach wie vor fest. Auch wenn mich der Einsatz von Short-Mini-Futures seit Anfang Jahr etwas mehr als 1,0% Performance gekostet hat, behalte ich deren Einsatz stets im Auge. Dasselbe gilt für Zukäufe von Value-Titeln.
Zizers, 04. Oktober 2023
Fibonacci-Retracement-Levels werden in der Technischen Analyse verwendet, um Unterstützungs- und Widerstandspunkte zu orten. Grundidee ist die simple Feststellung, dass auf jeden Aufwärtstrend (Bullenmarkt) und jeden Abwärtstrend (Bärenmarkt) über kurz oder lang eine Gegenbewegung (Korrektur) folgt. Um das Ausmass dieser Gegenbewegungen abzuschätzen, greifen Techniker gerne auf die Fibonacci-Zahlenreihe zurück. Begründer dieser Zahlenreihe ist Leonardo Pisano (ca. 1170 bis ca. 1240), genannt Fibonacci, der wohl bedeutendste Mathematiker des Mittelalters.
Die Fibonacci-Zahlenreihe beginnt wie folgt: 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, usw. Dabei gilt: 1+1=2, 1+2=3, 2+3=5, 3+5=8, 5+8=13, 8+13=21, 13+21=34, usw. Das Besondere an dieser Zahlenfolge ist, dass sie mit einem praktisch konstanten Faktor von 1.618 wächst (21÷13=1.615, 89÷55 =1.618, 144÷89=1.618, 233÷144=1.618, usw.). Auch die Division der kleineren durch die grössere Zahl ergibt einen praktisch konstanten Wert von 0.618 (55÷89= 0.618, 89÷144=0.618, usw.). Teilt man eine Fibonacci-Zahl durch die vorletzte (z.B. 144÷55), rechnet sich jeweils ein Wert von ziemlich genau 2.618. Der reziproke Wert davon ist 0.382 (z.B. 55÷144).
Das Ausmass der Korrekturen nach einem Abwärtstrend (siehe das Diagramm mit den Fibonacci-Retracements) wird wie folgt bestimmt: L + (H – L) x Fibonacci-Verhältniszahl. H steht für das zwischenzeitliche Höchst und L für das zwischenzeitliche Tiefst. Oft verwendete Fibonacci-Verhältniszahlen sind 0.382, 0.500 (als Zwischenwert) und 0.618.
Bestimmt man für den Swiss Performance Index (SPI) das jüngste Tiefst mit 12'979.41 und das letzte Höchst mit 15'314.62 Punkten, ergibt sich das Retracement-Level bei einer Verhältniszahl von 0.618 wie folgt: 15'314.62 – ((15'314.62 –12'797.41) x 0.618) = 13'758.98. Die Retracement-Levels bei einer Verhältniszahl von 0.500 bzw. 0.382 sind 14'056.02 bzw. 14'353.05.
Das 50%-Niveau gilt als eines der wichtigsten Niveaus. Wird es durchbrochen, ist mit einer Fortsetzung des Auf- bzw. Abwärtstrends zu rechnen.
Zizers, 04. Oktober 2023
Voraussichtlich nächstes Update: 04./05. Dezember 2023